„Hass“ ist heutzutage in aller Munde. Das Sprichwort „Hass ist ein großes Wort” schreibt dem Begriff und dem Konzept eine starke, fast ehrfürchtige Bedeutung zu. Im täglichen Sprachgebrauch erscheint „Hass” jedoch oft gar nicht mehr so groß. Was bedeutet das Wort für uns – im Privaten, Öffentlichen, als Konzept und als Suffix?

Hass kommt ursprünglich aus dem Althochdeutschen, wo es vor allem Leid, Kummer oder Groll bedeutete. Mit dem Wort wurde eine emotionale Reaktion auf etwas ausgedrückt, was das Individuum bedrohte oder verletzte.

In der Art, wie das Wort heutzutage verwendet wird, ist ein Gefühl von Leid oder Kummer jedoch nicht unbedingt maßgebend. Auch das Verb hassen wird nicht zwingend mit solch starken Gefühlen assoziiert. Vielmehr wird dieser Begriff fast nachsichtig in den alltäglichen und vor allem privaten Sprachgebrauch inkludiert. Es könnte der Eindruck entstehen, wir hassen sehr schnell und leichtfertig. Dabei hat der Begriff vor allem im umgangssprachlichen Kontext seine ursprüngliche Bedeutungsschwere verloren.

Tatsächlich ist der Gebrauch des Wortes Hass seit 1945 stark gesunken, seit 2010 jedoch wieder etwas angestiegen. Ob das damit zusammenhängt, dass das Wort Phobie seit 1940 deutlich mehr Einzug in den Sprachgebrauch gefunden hat?

Die Öffentlichkeit verwendet Begriffe wie Xenophobie, Homophobie, Islamophobie, aber auch Misogynie, Misandrie und Antisemitismus als Alternativen zu Wortzusammensetzungen mit Hass als Suffix. Diese richten sich jedoch meistens ebenso gegen eine bestimmte Personengruppe: Frauenhass, Männerhass, Judenhass, Fremdenhass, Schwulenhass, Lesbenhass. 

Besonders das Suffix -phobie hat teils dieselbe Bedeutung wie Hass, obwohl sich Hass hier hinter einer krankhaften Angst versteckt. Diese Tatsache ändert das Verständnis der Konzepte maßgebend und wirkt fast euphemistisch: Eine Angst ist zunächst nun einmal unverschuldet und eher eine Reaktion, während Hass eine deutlich aktivere Position einnimmt.

Zwar mag es stimmen, dass Angst Hass bedingen kann und dass dies ursprünglich auch ein Teil der Wortbedeutung war, allerdings verändert ein alternatives, harmloseres Wort das reale starke Gefühl des Hasses nicht. Hass als Katalysator kann viel eher zu angreifenden, verletzenden und gewaltvollen Taten führen, als es das Gefühl der Angst kann. 

Hass als Suffix wird in der politischen Öffentlichkeit vor allem dann verwendet, wenn aktiv auf durch Hass angetriebene Taten und Äußerungen gegen eine bestimmte Personengruppe aufmerksam gemacht werden soll. Dann erscheint die Wortwahl oft radikal und bedeutungsstark. So wird aktuell vor allem Judenhass immer stärker verurteilt.

Mit Hass umzugehen, erscheint wie ein Balanceakt: Einerseits „das Kind beim Namen zu nennen“, um auf Missstände aufmerksam zu machen, aber andererseits der Existenz von solchem Gedankengut nicht noch mehr Raum zu schenken. Vielleicht ist es gerade das, was Öffentlichkeit und Wissenschaft versuchen, wenn sie das Suffix nicht verwenden.

 Das Wort Hass hat eine Bedeutungsentwicklung erlebt und egal wie präsent das Wort an sich noch ist, das grundlegende Gefühl und das Konzept, welches sich nun hinter anderen Begriffen verstecken mag, ist immer noch real. Schließlich sind „Jude“ und „Schwule“ weiterhin eine der am häufigsten erfassten sprachlichen Verbindungen mit dem Wortstamm Hass.


Illustration: Felicitas Hock